Silvan Zbinden: «Ich will das Maximum herausholen»

Neun Freiburger schwingen am Sonntag beim Jubiläumsfest des Eidgenössischen Verbandes in Appenzell. Silvan Zbinden aus St. Silvester ist der Jüngste der Truppe.

Der 20-jährige Silvan Zbinden aus St. Silvester ist der jüngste Schwinger der Südwestschweizer Selektion für das Jubiläumsschwinget 125 Jahre ESV in Appenzell. © Charles Ellena

«Es ist nicht etwas, dass ich mir erhofft habe, und ich habe nicht viel daran herumstudiert. Jetzt aber ist die Freude gross», sagt Silvan Zbinden. Der 20-Jährige aus St. Silvester ist der jüngste Schwinger der Südwestschweizer Selektion für das Jubiläumsschwinget 125 Jahre ESV in Appenzell. Tatsächlich konnte Zbinden vor Beginn der Saison nicht unbedingt von einem Aufgebot für das Fest mit eidgenössischem Charakter träumen. Anfangs Mai beim Freiburger Kantonalfest in Frasses holte der Sensler seinen ersten Kranz überhaupt. «Das war das erste grosse Ziel in diesem Jahr. Viel weiter habe ich nicht gedacht. Als der zweite und der dritte Kranz folgten (beim Jurassier und Waadtländer Kantonalen – Red.), begann ich zu realisieren, dass es für Appenzell reichen könnte. Es ist cool, dass ich nun dabei bin.»

Erfahrene Ratgeber

Für Zbinden ist Appenzell selbstredend der erste Grossanlass, an dem er teilnehmen wird. Rund 20’000 Zuschauer werden am Sonntag den 120 Schwingern bei der Arbeit zusehen. «So viele Menschen auf einem Fleck, das ist eindrücklich», erklärt Zbinden. Gleichzeitig setze die grosse Kulisse Kräfte frei. «Zu wissen, dass Freunde und Familie auf der Tribüne sitzen, gibt mir Energie. Einmal im Sägemehlring, nehme ich das Drumherum aber nicht mehr wahr. Dann ist nur noch die Konzentration da.» Immerhin, der aufstrebende Schwinger konnte in diesem Jahr an den Bergkranzfesten in Schwarzsee und auf dem Brünig bereits ein wenig Grossevent-Luft schnuppern. Diese Erfahrungen werden ihm am Sonntag helfen. «Die Atmosphäre ist jeweils schon sehr speziell. Schwarzsee kannte ich bereits als Helfer für den organisierenden Schwingclub Sense, und auf dem Brünig war es etwas ganz Neues für mich, so viele Leute auf engstem Raum zu sehen. Ich habe versucht, alles in mich aufzusaugen und einfach Spass daran zu haben, was ich mache.» Sowohl in Schwarzsee als auch auf dem Brünig konnte Zbinden sechs Gänge bestreiten. Beleg dafür, dass der ausgebildete Landschaftsgärtner, der zurzeit die Berufsmatura absolviert, mit dieser noch ungewohnten Situation ziemlich gut umgehen konnte.

Alle sechs Gänge bestreiten zu können, wird auch in Appenzell das Ziel von Zbinden sein. «Grundsätzlich gehe ich aber mit keinen Erwartungen an das Fest. Das mache ich nie. Ich will einfach Gang für Gang mein Bestes geben.» Die Voraussetzungen, um ein erfolgreiches Fest zeigen zu können, hat er zusammen mit seinem Team geschaffen. Teil dieses Teams sind Florian Minder, sein Trainer im Schwingclub Sense, der Sensler Eidgenosse Michael Nydegger und Markus Maire, der am Eidgenössischen Fest 2004 in Luzern im Steinstossen den 83,5 kg schweren Unspunnenstein 4,11 m weit warf und damit noch immer den Schweizer Rekord hält.

«Michael ist bei Festen auf dem Platz, kümmert sich um das Aufwärmen und ist als Betreuer für die Südwestschweizer vor Ort», erklärt Zbinden. Zudem kenne Nydegger jeden Schwinger und damit ihre Stärken und Schwächen. «Allerdings mag ich es nicht, wenn er mir allzu viel über die Gegner sagt. Ich schaue lieber, wie es so tut», schmunzelt Zbinden. «In Sachen Technik ist er aber mein erster Ansprechpartner. Weil er auch Ringer ist, kann ich, besonders was die Bodenarbeit betrifft, sehr viel von ihm lernen.» Maire kommt derweil eine tragende Rolle in der physischen Trainingsarbeit zu. «Ausserdem ist er sehr belesen, was beispielsweise Nahrungsergänzungsmittel betrifft, und ich nehme seine Ratschläge gerne entgegen.»

Vorbild Giger

Apropos Physis: Mit seinen 187 Zentimetern Grösse und 116 Kilogramm Gewicht ist Zbinden mit 20 Jahren bereits gut unterwegs. «Es gibt sicher noch Längere, das kann ich nicht ändern. Aber körperlich bin ich bestimmt gut gesegnet.» Selbstverständlich wolle er aber noch zulegen. «Ziel ist jedoch nicht, so schwer wie möglich zu werden. Ich bin lieber athletisch als dicklich. Für mich passt es so, aber klar, im Winter werde ich nochmals eine Schippe drauflegen.» Der Thurgauer Spitzenschwinger Samuel Giger ist nicht nur aufgrund der Tatsache, dass er ein Modellathlet ist, ein Vorbild des Freiburgers. «Schon als Kind habe ich zu ihm aufgeschaut.» Bisher stand er einem der Favoriten vom Sonntag noch nie im Ring gegenüber. «Es würde mich freuen, wenn es im Appenzell dazu käme», lacht Zbinden, der noch auf seinen ersten Sieg gegen einen Eidgenossen wartet. «Dazu hat bisher noch das kleine Etwas gefehlt. Ich konnte aber immer viel dabei lernen, und einmal wird es so weit sein und ich schlage einen Eidgenossen.»

Zum Schwingsport kam der Sensler über einen kleinen Umweg. «Weil es alle taten, spielte ich als kleiner Junge halt auch Fussball. Es hat zwar Spass gemacht, besonders gut war ich darin aber nie.» Sein Vater, der einst auf Stufe Jungschwinger im Sägemehl gestanden hatte, machte ihm dann den Kampfsport schmackhaft. «Das hat mir auf Anhieb gefallen und ich bin dabeigeblieben, nunmehr seit 12 oder 13 Jahren.» Inzwischen trainiert Zbinden bis zu viermal die Woche, im Winter überwiegend Kraft, während der Saison vorab im Schwingkeller in Plaffeien. «Ich will das Maximum herausholen», sagt der Teilverbandskranzer. Er wolle sich nicht einmal vorwerfen müssen, nicht genug gemacht zu haben, damit es reicht. «Ich komme bis dahin, wie es eben geht. Klar ist es ein Ziel, ein Eidgenosse zu werden, und den Traum vom Schwingerkönig hat jeder Junge. Aber ich lege mich nicht fest. Ich freue mich über jeden Kranz, den ich holen kann.»

Stellen keine Option

Dass es im Schwingen auch schnell in die andere Richtung gehen kann, diese Erfahrung musste Zbinden ebenfalls schon bitter erfahren. Letzte Saison riss er sich das Kreuzband und musste so gut wie das ganze Jahr auslassen. «Als junger Schwinger war das schon sehr hart und im Augenblick ein herber Rückschlag. Ich habe die Freude am Sport aber nie verloren. Zudem hatte ich das Glück, bisher meist gesund zu sein.»

Jetzt freut sich Zbinden vorerst einmal, in Appenzell sein Können zeigen zu dürfen. Der Youngster wird das gewohnt offensiv tun. «Ich versuche immer, dem Gegner meinen Willen aufzuzwingen und den Gang zu bestimmen. Dementsprechend verliere ich manchmal einen Gang, den ich eigentlich hätte gewinnen sollen, umgekehrt gewinne ich aber andere auch.» Einen Gang zu stellen, sei für ihn keine Option. «Ich fahre besser damit, wenn ich auf Sieg schwinge. Um das zu erreichen, versuche ich die Dinge, die ich im Training gelernt habe, im Wettkampf umzusetzen.» Der Kurz sei sein präferierter Zug, so Zbinden. Damit steht er in der Szene nicht allein da. «Dafür probiere ich auch, auf die linke Seite zu schwingen. Das wird in der Regel von den anderen weniger so umgesetzt und es ist von Vorteil, wenn man das ebenfalls kann.»

Gut möglich, dass Silvan Zbinden mit seiner Unbekümmertheit, der Euphorie und seiner offensiven Schwingweise in Appenzell seinen ersten Eidgenossen bodigen wird.

Gapany und Hofer bestanden den Test

Zwölf Startplätze gehen in Appenzell an die Südwestschweizer, die den kleinsten der fünf Teilverbände stellen. Angeführt wird die Delegation von TK-Chef Christian Kolly von den vier Freiburger Eidgenossen Lario Kramer, Romain Collaud, Benjamin Gapany und Sven Hofer. Hinter den Teilnahmen der beiden Letztgenannten hatte bis vor Kurzem noch ein Fragezeichen gestanden. Nachdem sich beide von einer Blessur zurückgekämpft hatten, mussten sie am vergangenen Wochenende beim Regionalfest in Yens einen letzten, ultimativen Test bestehen. Das gelang dem Duo. Gapany gewann das Fest, indem er im Schlussgang den weiteren Südwestschweizer Appenzell-Teilnehmer Mickaël Matthey bezwingen konnte, derweil sich Hofer im vierten Rang klassierte. Der Seeländer, der von einer Schulterverletzung zurückgekehrt war, gewann drei Gänge – unter anderem gegen Silvan Zbinden – und stellte dreimal, unter anderem gegen Steven Moser.

Die Selektionierten Südwestschweizer für das Jubiläumsfest 125 Jahre ESV vom 8. September: Victor Cardinaux (Polliez-le-Grand/VD, 14 Kränze, Teilverbandskranzer), Romain Collaud (Vallon/FR, 22 Kränze, Eidgenosse), Benjamin Gapany (Marsens/FR, 54 Kränze, Eidgenosse), Marc Gottofrey (Echallens/VD, 41 Kränze, Teilverbandskranzer), Sven Hofer (Kerzers/FR, 18 Kränze, Eidgenosse), Lario Kramer (Galmiz/FR, 58 Kränze, Eidgenosse), Mickaël Matthey (Gingins/VD, 49 Kränze, Teilverbandskranzer), Steven Moser (Rechthalten/FR, 40 Kränze, Teilverbandskranzer), Hugo Schläfli (Posieux/FR, 6 Kränze, Teilverbandskranzer), Paul Tornare (Botterens/FR, 9 Kränze, Teilverbandskranzer), Janis Wieland (Galmiz/FR, 7 Kränze, Teilverbandskranzer), Silvan Zbinden (St. Silvester/FR, 3 Kränze, Kantonalfestkranzer). – Ersatz: Ivan Mollet (Ollon/VD, 16 Kränze, Teilverbandskranzer), Andy Murer (Susten/VS, 23 Kränze, Teilverbandskranzer), Thomas Stoll (Düdingen/FR, 5 Kränze, Teilverbandskranzer).

Freiburger Nachrichten - Redaktion / Frank Stettler
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